Der Berliner Senat hat auf seiner Sitzung am 21. März 2017 beschlossen, eine „Entschließung zur Stärkung der Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung“ (BR-Drs. 236/17) in den Bundesrat einzubringen.
Im Rahmen der Initiative wird das mangelnde Wahlrecht für Beamte bei der Krankenversicherung kritisiert. Damit wird die Diskussion jedoch zu sehr vereinfacht:
Zunächst ist festzuhalten, dass ein Wahlrecht in Bezug auf die Art der Krankenversicherung in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel ist. Die Versicherungspflichtgrenze schränkt den Wechselspielraum deutlich ein. Richtig ist, dass freiwillig gesetzlich krankenversicherte Beamte den vollen Beitrag zahlen, der Anspruch auf ergänzende Beihilfe aufgrund des Sachleistungsprinzips jedoch nur punktuell besteht. Um diesen Personenkreis zu entlasten, wird nun ein Teilkostenmodell gefordert, wie es für bei Krankenkassen beschäftigte Beihilfeberechtigte bereits besteht.
Dieses Modell kommt der vom dbb geforderten Teilkostenversicherung nahe, jedoch bezieht sich der dbb-Vorschlag nur auf bereits gesetzlich versicherte Beamte. Für alle Neuverbeamtungen besteht grundsätzlich die Möglichkeit, über die Öffnungsaktion der PKV Zugang zur privaten Krankenversicherung zu erhalten.
Bereits freiwillig gesetzlich versicherte Beamte würden nach dem dbb-Modell während ihrer aktiven Dienstzeit nur noch den halben Krankenversicherungsbeitrag zahlen, erhielten dafür entsprechend aber auch nur die hälftige GKV-Leistung. Die andere Hälfte hätte die Beihilfe im Kostenerstattungsverfahren zu tragen. Entsprechend wäre im Ruhestand das Verhältnis an den geänderten Beihilfebemessungssatz anzuwenden. Dies würde dazu führen, dass freiwillig in der GKV versicherte Beamte nun die Beihilfeleistungen auch tatsächlich in Anspruch nehmen könnten und somit eine finanzielle Entlastung erhielten. Ob dies, wie in der Initiative unterstellt, tatsächlich einen gravierenden Einfluss auf die Wahl eines Neu-Beamten zwischen GKV und PKV hätte, bliebe abzuwarten.
Völlig unabhängig von dieser Wahlmöglichkeit von Neu-Beamten ist die Wechselmöglichkeit zwischen GKV und PKV zu betrachten, die im Prinzip einer so genannten Bürgerversicherung nahekommen würde. Hier bezieht der dbb klare Position zum Fortbestand von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Neben eindeutigen verfassungsrechtlichen Grenzen muss an dieser Stelle auf den medizinisch-technischen Fortschritt verwiesen werden, der nicht zuletzt durch privatversicherte Patienten finanziert wird.
Auch das häufig genannte Argument, mit einer so genannten Bürgerversicherung würde einer Zwei-Klassen-Medizin entgegengewirkt, ist nicht zu Ende gedacht: In einem Bürgerversicherungssystem würde es ebenfalls zu Unterschieden im Hinblick auf die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen kommen, da über das Spektrum einer einheitlichen Grundversorgung hinausgehende Leistungen durch Abschluss von privaten Zusatzversicherungen bzw. Selbstzahlung nach wie vor in Anspruch genommen würden. Hier würde also erst recht zwischen „arm“ und „reich“ differenziert.
Die vom Land Berlin zitierte Studie des IGES Instituts bzw. der Bertelsmann Stiftung wird im Antrag selbst aufgrund der mangelnden Repräsentativität in Frage gestellt. Auch die der Studie zugrunde gelegten Annahmen erscheinen recht willkürlich gewählt, sie taugt daher nicht als Diskussionsgrundlage. An dieser Stelle sei auf die Positionierung des dbb verwiesen.
Im Rahmen der Initiative wird eine finanzielle Verbesserung für Solo-Selbstständige in Form einer Halbierung des Mindestbeitrags in der GKV gefordert. Der dbb unterstützt dieses Vorhaben, denn in diesem Bereich ist die Politik viel zu lange untätig gewesen. Dies gilt in gleichem Maße für die rentenrechtliche Absicherung dieses Personenkreises.
Auch die geforderte vollständige Rückkehr zur paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung - also, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen an der Finanzierung beteiligt werden - entspricht einer langjährigen Forderung des dbb und wird unterstützt.
Die Entschließung des Berliner Senats soll am 31. März 2017 im ersten Durchgang vom Bundesrat beraten werden.