01. September 2020
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‚Unruhe in Berlins Gefängnissen – Beamte fürchten Spitzelsystem des Justizsenators‘ - Berichterstattung im Tagesspiegel am 31. August 2020

Offener Brief des dbb berlin an den Regierenden Bürgermeister von Berlin

Mit einem Offenen Brief hat sich der dbb beamtenbund und berlin heute an den Regierenden Bürgermeister gewandt und ihn aufgefordert dem Treiben des Justizsenators umgehend ein Ende zu setzen. Das von ihm angeordnete Meldesystem, das auch keinerlei Anhörung der "Betroffenen" vorsieht, widerspricht unserer Ansicht nach nicht nur allen Grundsätzen des Datenschutzes und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern ist paradoxer Weise sogar auch nicht mit dem vom Justizsenator selbst initiierten Landesdiskriminierungsgesetz vereinbar.

Der dbb berlin bezieht sich auf die Berichterstattung im Tagesspiegel vom 31. August 2020 und ist entsetzt über die Anweisung der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung vom 14. August 2020 an die Leiterinnen und Leiter der Justizvollzugsanstalten.

Nicht genug, dass Justizsenator Dr. Behrendt schon mit seinem leidigen Landesantidiskriminierungsgesetz, für das es übrigens immer noch keine Dienstvereinbarung gibt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Berliner öffentlichen Dienstes diskreditiert und unter Generalverdacht gestellt hat, jetzt schreckt er offenbar auch nicht mehr vor einer Bespitzelung der Bediensteten der Justizvollzugsanstalten zurück.

Denn in dieser Dienstanweisung geht es nicht etwa um das geltende Disziplinarrecht, das ohnedies – allerdings nach den Spielregeln eines geordneten Disziplinarverfahrens – die Entlassung von Mitarbeiter/innen des öffentlichen Dienstes vorsieht, die nicht treu zur Verfassung stehen. Vielmehr sollen Sachverhalte, die unterhalb der Disziplinarschwelle liegen, registriert werden, anonym aber soweit bekannt auch mit Namen der Beschäftigten.

Abgesehen davon, dass für uns keine Rechtsgrundlage für ein derartiges Meldesystem erkennbar ist, das keine objektive Tatbestandsmerkmale kennt und persönlichen Ressentiments Tür und Tor öffnet, wäre es interessant zu erfahren, ob die Anweisung des Justizsenators auch für die anderen Dienststellen des Landes gelten soll oder ob allein die Beschäftigten der Justizvollzugsanstalten ausgerechnet vom Senator für Antidiskriminierung diskriminiert werden.

Auf jeden Fall ist - aus der Sicht des dbb berlin - die Meinung der Berliner Datenschutzbeauftragten einzuholen, ob es für die Registrierung und Speicherung von Sachverhalten unterhalb der Disziplinarschwelle eine einschlägige Rechtsgrundlage gibt. Wir sehen diese nämlich nicht und haben alles Verständnis für die Belegschaft, wenn sie sich einem Spitzel- und Denunziationssystems nach DDR-Vorbild ausgesetzt sieht.

"Herr Regierender Bürgermeister, wir sind fassungslos, besorgt und mehr als verärgert über das diskreditierende Verhalten des Justizsenators gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.", so dbb Landeschef Frank Becker in dem Offenen Brief.

Hier kann der Offene Brief des dbb berlin als PDF heruntergeladen werden.