24. Juni 2015

dbb berlin:

Altersdiskiminierende Besoldung

Unter Hinweis auf die Rundschreiben des dbb (Info-Nr.: 15/2015), Rundschreiben I Nr. 5/2015 möchten wir - da es weitere Anfragen zur weiteren Verfahrensweise gibt - einige Hinweise geben.

Zur Altersdiskriminierung hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Verfahren am 30. Oktober 2014 entschieden, dass wegen der diskriminierenden Besoldung nach dem alten Besoldungssystem in den Ländern und beim Bund ein Anspruch auf Entschädigung bestehen kann.

Jedoch ist alleinige Rechtsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches im deutschen Recht eine Diskriminierung sanktioniert. Dieses bestimmt eine Ausschlussfrist von zwei Monaten für die schriftliche Geltendmachung eines Anspruchs auf Entschädigung. Den Beginn dieser Frist sieht das Bundesverwaltungsgericht mit dem Zeitpunkt, zu dem die berechtigte Person von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Bei unsicherer und unklarer Rechtslage sei das mit der objektiven Erklärung durch ein höchstrichterliches Urteil der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht vertritt hier die Auffassung, dass dieser Zeitpunkt die Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs am 8. September 2011 gewesen sei. Die Ausschlussfrist begann daher nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts am 9. September 2011 um 0:00 Uhr zu laufen und endete am 8. November 2011 um 24.00 Uhr (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

Auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Beschäftigten von seiner Benachteiligung bzw. auf den Umstand, dass das EuGH-Urteil erst Ende Oktober 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist, kommt es angesichts der Angeblichkeit des Verkündungszeitpunkts für den Fristbeginn nicht an.

Gegen sechs Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2014 zur altersdiskriminierenden Bezahlung ist Verfassungsbeschwerde eingelegt worden. Wir empfehlen, dass erst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über diese Verfassungsbeschwerden abgewartet werden.

Sollten die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2014 Bestand haben, wären alle Geltendmachungsschreiben, die nach dem 8. November 2011 bei dem Dienstherrn des Mitgliedes eingegangen sind, unbeachtlich und würden keinen Entschädigungsanspruch mehr auslösen.

Mit Rundschreiben I Nr. 6/2016 teilt die Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit, dass denjenigen, die erst nach dem 8. November 2014 einen entsprechenden Widerspruch eingelegt haben, mitgeteilt werden soll, dass der Antrag verfristet sei und er somit zurückgewiesen wird.

Das in Berlin - infolge des Berliner Besoldungsneuregelungsgesetz vom 29. Juni 2011 - seit dem 1. August 2011 geltende Besoldungsrecht ist ebenso mit dem EU-Recht vereinbar, wie das zugleich verabschiedete Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz und Besoldungsempfänger in das neue Berliner Besoldungsrecht. In Berlin war somit durch die Umstellung auf Erfahrungsstufen ein altersdiskriminierungsfreies, mit dem Unionsrecht vereinbares Besoldungsrecht in Kraft.

Der dbb berlin hat dem Innensenator mit Schreiben vom 18. Juni 2015 empfohlen abzuwarten, ob die o. g. Verfassungsbeschwerden angenommen werden und die Widersprüche noch nicht zu bescheiden. Aus unserer Sicht ist hier erst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten, ob diese Fristen verfassungsgemäß sind.

Es wird den betroffenen Kolleginnen und Kollegen anheimgestellt, auf den Widerspruchsbescheid der Dienststellen unter dem Hinweis auf die o. g. Verfassungsbeschwerden den Antrag zu stellen, ihr Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ruhen zu lassen und auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Zusätzlich sollte erklärt werden, dass der Antrag oder Widerspruch als erledigt betrachtet werden kann, wenn das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerden nicht annimmt oder diese keinen Erfolg haben.

Wegen der äußerst geringen Aussicht auf den Klageerfolg wird vom dbb und damit vom dbb berlin derzeit kein Rechtsschutz gewährt werden können.

Wir werden über den Fortgang berichten.

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